Sonntag, 07. März 2021

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Populismus: Aufmerksamkeit durch Tabubrüche

Sie reden von Asyltourismus oder Frühsexualisierung. Welche sprachlichen Strategien Rechtspopulisten verwenden, haben Linguisten der Universität Trier untersucht.

Was ist die Grenze des Sagbaren in politischen Diskussionen? Eine schwierige Frage. Auch für Dr. David Römer, der – so kann man es sagen – Kummer gewohnt ist. Der Linguist der Universität Trier analysiert Populismus in der deutschen Sprache und hat dabei schon viel Unschönes gelesen: auf Social Media, in Wahlprogrammen oder in Reden. „Problematisch ist beispielsweise der unreflektierte Gebrauch von Wörtern, die historisch vorbelastet sind.“

Gerade rechte Politiker brechen laut Römer bewusst diese Tabus. So hat zum Beispiel Frauke Petry erst kürzlich versucht, den Ausdruck völkisch zu reaktivieren, indem sie das Wort vom durchaus sagbaren Wort Volk ableitete. „Das Ziel, das mit einer derartigen Sprachwahl erreicht werden soll, ist die öffentliche Aufmerksamkeit. Personen mit populistischem Gedankengut haben verstanden, mit welcher Rhetorik sie es in die Medien schaffen.“

Medien skandalisieren das Gesagte und berichten auch mal reißerisch über Politiker. Die Debatte um die politische Korrektheit erzeugt zusätzlich öffentliche Aufmerksamkeit. Personen am rechten politischen Rand inszenieren sich gerne mit dem Argument, „dass man das doch noch sagen dürfe.“

Der Sprachwissenschaftler hält deswegen Aufklärung für besonders wichtig. Dem Populismus und den Strategien dahinter müsse mit politischer und sprachlicher Bildungsarbeit entgegengewirkt werden: „Indem man sich darüber klar wird, wie rechtsgesinnte Gruppierungen sprechen und ihre Strategien kennt, kann man vermeiden, dass man in die Falle tappt.“ Weitere populistische Sprachstrategien sind beispielsweise Vereinfachungen oder Moralisierung. Aber auch Vokabeln, die Bürgernähe simulieren und auf Alltagserfahrungen des „kleinen Mannes“ und der „kleinen Frau“ anspielen, werden häufig benutzt.

„Moralisiert und vereinfacht wird beispielsweise, indem populistische Personen die Welt in zwei Gruppen einteilen und sich dabei als die wahren Vertreter des guten Volkes verstehen und ein Bild von einer bösen, korrupten politischen Führungselite zeichnen, die das Volk hintergeht. Gleichzeitig treten Populisten und Populistinnen als Moralkritiker auf und inszenieren sich als Opfer von Moralisierung, etwa wenn sie den ‚Tugendterror‘ anmahnen.

Bei ihren Analysen stießen die Wissenschaftler der Universität Trier auch auf einige Äußerungen, die man schon als verschwörungstheoretisch bezeichnen kann. Eine weit verbreitete Geschichte ist, dass die politische Elite mit ihrer Einwanderungspolitik einen ‚Bevölkerungsaustausch‘ durchführe, um Deutschland zu islamisieren. Sogar im Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland (AfD) entdeckten die Forscher allerhand weitere haarsträubende Behauptungen, die nicht belegt werden: Durch „Gender-Ideologie“ und „Frühsexualisierung“ fände in Schulen eine staatlich geförderte Umerziehung statt, und zwar mit dem Ziel, die traditionelle Familie abzuschaffen.

Die Wissenschaftler beobachten schon seit einigen Jahren sprachlichen Populismus und können dabei eine Tendenz feststellen: „Wir haben auf jeden Fall den Eindruck, dass in den letzten Jahren der populistische Sprachgebrauch zugenommen hat. Nicht nur Begriffe wie ‚Asyltourismus‘ haben in die öffentliche Debatte Einzug gehalten. In gewisser Weise ist Rechtspopulismus salonfähig geworden“, schätzt Dr. David Römer die aktuelle Situation ein.

Römer und seine Kollegen konzentrieren sich auf die Analyse von Wahlplakaten, politischen Reden und verschiedenen Textsorten sozialer Medien wie YouTube-Kommentare. Auch linksgerichtete Personen würden zu populistischen sprachlichen Mitteln greifen, so die Forscher. Diese seien jedoch schwieriger als eindeutig populistisch zu bestimmen. Auch in einem Seminar an der Universität Trier haben Studierende im vergangenen Jahr deshalb ausschließlich rechtspopulistische Textdokumente untersucht. „Aufgrund der engen Anbindung an die Forschungspraxis ist das Seminar bei den Studierenden auf sehr großes Interesse gestoßen.“ Eine Wiederholung ist aktuell nicht geplant.

Wie wichtig es ist, genauer zu verstehen, wie Populisten rhetorisch agieren, unterstrichen auch Wissenschaftler bei einer kürzlich stattgefundenen internationalen Tagung an der Universität Graz, die von Römer mitorganisiert wurde. Im Herbst erscheinen ihre Ergebnisse in einem Tagungsband.

Musik zur Sterbestunde / Karfreitag

MONTABAUR. „Meinen Jesum lass ich nicht“ – unter dieser Choralzeile eines bekannten Kirchenliedes des evangelischen Dichters Christian Keimann steht die diesjährige „Musik zu Sterbestunde“ am Karfreitag, dem 19.04.2019 um 15.00 Uhr in der Evangelischen Lutherkirche Montabaur, zu der die Dekanatskantorei Montabaur und die Cappella Taboris gemeinsam herzlich einladen. Im Mittelpunkt der geistlichen Musik in der Karwoche stehen jeweils zwei aufwendige Kantaten von Friedrich Wilhelm Zachow und Dietrich Buxtehude sowie zwei große Motetten von Johann Michael Bach. Begleitet werden die beiden Ensembles durch ein Orchester unter der Gesamtleitung von Dekanatskantor Jens Schawaller. Der Eintritt ist frei.

80. Geburtstag

Ministerpräsidentin Malu Dreyer würdigt Volker Schlöndorff: Großartiger Regisseur des deutschen Nachkriegsfilms

„Volker Schlöndorff ist ein Regisseur, ohne den der neue deutsche Film nicht vorstellbar wäre. Er begeistert deutsches Publikum für internationale Literatur und ein internationales Publikum für deutsche Literatur“, unterstrich Ministerpräsidentin Malu Dreyer anlässlich des 80. Geburtstages des Filmemachers. Volker Schlöndorff ist Träger der Carl-Zuckmayer-Medaille, der Auszeichnung für besondere Verdienste um die deutsche Sprache und Verdienste um das künstlerische Wort des Landes Rheinland-Pfalz. „Sie gehören zu den wichtigen Persönlichkeiten im deutschsprachigen Raum, die sich mit und über die Sprache für Menschlichkeit einsetzen“, sagte die Ministerpräsidentin.

Volker Schlöndorff gehöre zu den bedeutendsten Filmschaffenden des deutschen Nachkriegsfilms. Mit der Oscar-prämierten Verfilmung des Romans „Die Blechtrommel“ gelang Schlöndorff 1979 der internationale Durchbruch, zahlreiche bedeutende Werke folgten. „In seinen Filmen ist immer ein Standpunkt erkennbar – für die Schwachen. Sie sind politisch und gesellschaftskritisch und unterhalten zugleich. Das ist eine ganz hohe Kunst“, so die Ministerpräsidentin.

„Nicht zuletzt ist Volker Schlöndorff ein bedeutender Vermittler zwischen Generationen und Kulturen“, lobte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Neben seinem künstlerischen Werk verdiene der Regisseur besondere Anerkennung für seinen Einsatz für das rheinland-pfälzische Partnerland Ruanda. Dort engagiert sich Volker Schlöndorff für junge Film- und Medienschaffende. Zu seinem besonderen Geburtstag wünsche sie ihm alles Gute, Gesundheit und kreative Schaffenskraft, so die Ministerpräsidentin.

Konzert Barocktrio

MONTABAUR. Rasante Spielfreude, virtuoses Musizieren, musikalische Dialogfähigkeit – das sind nur drei von vielen weiteren möglichen Schlagworten, die das auserlesene Konzertprogramm des Frankfurter Barocktrios mit Isabel Müller-Hornbach (Viola da Gamba), Flora Fabri (Cembalo und Orgel) und Martin Jantzen (Viola da Gamba) in der Evangelischen Pauluskirche Montabaur charakterisieren. Das übergeordnete Thema des lebendigen Programmes in der 45. Geistlichen Abendmusik waren Werke von Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel: zwei typisch deutsche Barockkomponisten, die sich schon zu ihren Lebzeiten besonderen und überregionalen, ja sogar internationalen Ruhm erarbeiteten. Nicht ohne Grund, wie die Konzertgäste durch ihre Bravorufe am Ende des Abends bestätigen – in den beiden Triosonaten von Telemann und Händel fühlte man sich an Goethes Bonmot erinnert, dass bei einem Streichquartett vier vernünftige Leute miteinander parlieren. So aber eben auch bei einer Triobesetzung, die höchste Ansprüche an die Musikalität der Ausführenden stellt: in der Durchsichtigkeit der Sätze sind alle Beteiligten gleichberechtigt und aussagegefordert. Delikat und gekonnt musiziert wurden auch die beiden erst kürzlich entdeckten Telemann´schen Fantasien für Gambe solo, die an diesem Konzertabend aufgeführt wurden: eine echte Rarität und Bereicherung in den Wäller Kirchen unsrer Region! Einen klanglichen und strukturellen Kontrast hierzu bildeten eine Händel´sche Solosuite für Cembalo sowie eine Telemann´sche Gambensonate. Isabel Müller-Hornbach stammt aus Montabaur und hat nach ihrem Abitur am Landesmusikgymnasium sowohl die Fächer Violoncello, Barockvioloncello als auch Viola da Gamba studiert und abgeschlossen; mit Flora Fabri und Martin Jantzen verbindet sie eine enge überregionale und internationale künstlerische Zusammenarbeit. Darüber hinaus kooperiert sie seit Jahren mit der Dekanatskantorei Montabaur und der Cappella Taboris. „Mit dem Barocktrio musiziert ein hochrangiges und spielfreudiges Ensemble, das mit seiner Leidenschaft für historische Interpretationspraxis und möglichst authentische Spielweise die Musik der Barockzeit auf virtuose Weise lebendig werden lässt“, meint Dekanatskantor Jens Schawaller, der als Gastgeber das Barocktrio empfing. Die Gäste bedankten sich mit donnerndem Applaus bei den drei Ausführenden, den die drei jungen Menschen mit einer Zugabe beantworten mussten.

Der Frühling muss geboren werden – Gedanken zu einer Jahreszeit

Von Hans-Peter Meyer

Von den Gezeiten des Jahres wird von den meisten Mitmenschen der Übergang vom Winter zum Frühling am stärksten empfunden. Ist er einmal da, der Frühling, wächst das Jahr organisch weiter; die Nahtstellen der übrigen Jahreszeiten sind kaum wahrnehmbar. Der Frühling aber muß geboren werden – oft  unter Schneeschauern, allerdings war es in diesem Jahr ein eher abwechslungsreicher Winter.

Das Wunder der Wandlung von der grauen zur grünenden Flur erregt uns jedes Jahr wieder Die Frühlingssehnsucht ist umso ungestümer, je später der Winter zum Endspurt angesetzt und je zäher er sich gehalten hat. Junge Menschen nehmen den Frühling zumeist als etwas Selbstverständliches – wie etwas, das sie fordern können, das ihnen zusteht. Menschen im Herbst des Lebens freuen sich seiner eher gedämpft. Eine leise Wehmut befällt sie bei dem Gedanken, dass der größte Teil der Erdenlenze schon hinter ihnen liegt; sie schwelgen in der Erinnerung an entschwundenes Frühlingsglück, während die Jungen nur den Augenblick genießen.

Jeder hat sein erstes kleines Frühlingserlebnis: Den Augenblick nämlich, da ihm bewusst wird, dass etwas Neues in der Luft liegt. Das kann vor dem 20. März liegen – die beseelte Natur richtet sich nicht pedantisch nach dem Abreißkalender.

Für den einen ist es ein erstes Amsellied, für den anderen der erste blühende Krokus im Vorgarten. Es kann auch ein Frauen- oder Kinderlachen sein, das uns unterwegs zufliegt, ein nettes, ein gutes Wort.

Auch das bevorstehende Osterfest ist nach Überlieferungen ein altgermanisches Frühlingsfest.

In den Läden werden schon seit Wochen Schokoladenhasen und bunt gefärbte Eier angeboten, aber Ostern ist mehr als eine gewöhnliche Tradition.

Darin steckt die „Oster“-Botschaft Gottes an alle Menschen, die voller Hoffnung, Freude und Zukunft ist: Jesus Christus ist auferstanden – er lebt.

Denn die Auferstehung ist eine Zentralbotschaft der Bibel und soll uns im Frühling Zuversicht vermitteln.

Plötzlich merken wir: Alles ist anders geworden. Dann ist es nicht nur sicht- und hörbar in der Natur, sondern auch in unseren Herzen ist Frühling geworden.

Im Zeitalter von Computer, Produktion und Konsum, da Blumenläden das liebe lange Jahr hindurch ihre fast verwirrende Fülle und Pracht ausbreiten, haben viele verlernt, welche Freude es machen kann, auf einem Spaziergang die erste Anemone, das erste Veilchen zu entdecken. Wer darin noch jenes kleine Wunder sieht, darf sich glücklich preisen.

Merkwürdig: Jahr für Jahr vollzieht sich das Werden des neuen Frühlings.

Und wir haben doch niemals das Gefühl, dass sich dabei etwas „wiederholt“, so ursprünglich und jedes Mal neu erleben wir die Premiere dieses Wunders auf jener Bühne, über der – unsichtbar, doch spürbar – eine höhere, größere Macht waltet.

Ludwig Uhland formuliert es in „Frühlingsglaube“ folgendermaßen:

„Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden!“.

Und das vielleicht berühmteste Gedicht über den Frühling stammt von Eduard Mörike:“

„Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!“

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